Der "Bauträgerwettbewerb" als Instrument des geförderten sozialen Wohnbaus in Wien -verfahrenstechnische und inhaltliche EvaluierungDer Magistrat der Stadt Wien Magistratsabteilung 50, hat im Sommer 2008 das Ziviltechnikerbüro DI Herbert Liske mit der verfahrenstechnischen und inhaltlichen Evaluierung des Instrumentes "Bauträgerwettbewerb" beauftragt.
Das Instrument des "Bauträgerwettbewerb", welches im Jahr 1995 in Wien eingeführt wurde, stellt ein öffentlich ausgelobtes Verfahren dar und dient der Ermittlung von Projektteams, die auf den ausgeschriebenen Bauplätzen optimierte Realisierungskonzepte (Architektur-, Ökonomie- und Ökologiekonzept) anbieten und im Wege des Liegenschaftserwerbes und unter Inanspruchnahme von Wohnbauförderungsmitteln diese Projekte umsetzen.
Die Vorprüfung der Beiträge erfolgt dabei durch externe Ziviltechnikerbüros, die Bewertung und Beurteilung der Beiträge durch eine interdisziplinär besetzte Jury nach den Hauptkriterien "Architektur", "Ökonomie" und "Ökologie", wobei die Ausgewogenheit dieser drei "Qualitätssäulen" und die Gesamtqualität im Vordergrund stehen.
Methodik Die vorliegende Evaluierung wurde anhand qualitativer (20 ExpertInnenninterviews) und quantitativer (Dokumentenanalyse, ausgewählte Siegerprojekte) Methoden durchgeführt, wobei geänderte Rahmenbedingungen über die Zeit ins Kalkül gezogen wurden.
Verfahrensbezogene Zielgrößen der Evaluierung des Instrumentes "Bauträgerwettbewerb" waren dabei der "Mehrwert" des Verfahrens, die Effizienz und Effektivität des Verfahrens und der Themenbereich "Verfahrensorganisation und -abwicklung".
Inhaltliche Zielgrößen der Evaluierung des Instrumentes "Bauträgerwettbewerb" stellten insbesondere städtebaulich/architektonische, ökonomische, ökologische und soziologische Qualitäten dar. Aufbauend auf diesen allgemeinen Zielgrößen wurden in weiterer Folge Zielindikatoren gebildet, welche einer näheren Untersuchung unterzogen wurden.
Mehrwert Hinsichtlich des "Mehrwertes" des Verfahrens wurde festgestellt, dass dieser grundsätzlich äußerst positiv beurteilt wird, alle ExpertInnen sehen "Mehrwerte" in unterschiedlichen Bereichen. Ausprägungen des "Mehrwertes" sind dabei verfahrensspezifisch ("Zusammenarbeitskultur", Wissenserweiterung, vielfältigerer Themenzugang, etc.), in der Qualität der eingereichten Projekte (Qualitätssteigerung in den Säulen "Architektur", "Ökonomie" und "Ökologie") sowie generell im Wiener Wohnbau (Standards, Verbreiterung der Spitze, Signalwirkung, etc.) zu beobachten.
Effizienz & Effektivität Hinsichtlich der Effizienz und Effektivität des Instrumentes wurden insbesondere die Auswirkungen auf die Bereiche "Architektur", "Ökonomie", "Ökologie" und "Soziologie" untersucht. Nach Meinung der ExpertInnen ist im Bereich Architektur im Lichte einiger "Highlights" die Etablierung eines guten architektonischen Durchschnitts festzustellen. Im Bereich der ökologischen Qualitäten sind demzufolge die stärksten Entwicklungen und positiven Aspekte zu beobachten, hier haben sich mittlerweile dezidiert "Standards" etabliert. Im Bereich der Ökonomie - so die Grundaussage - haben sich die anfänglichen Einsparungen bei den Gesamtbaukosten zugunsten eines gestiegenen Qualitätslevels mittlerweile wieder eingependelt. Gesicherte Aussagen zu Auswirkungen auf soziologische Aspekte können nach Ansicht der ExpertInnen grundsätzlich nur mittels einer entsprechenden "ex-post"-Evaluierung der realisierten Projekte getroffen werden, es zeigt sich jedoch, dass offensichtlich eine starke soziale Durchmischung gelungen ist.
Zusätzlich zu den Auswirkungen auf die genannten Bereiche werden weiters überwiegend positive Entwicklungen bei der Möglichkeit zur Innovation und Weiterentwicklung und der Etablierung von Standards für den Wiener Wohnbau generell sowie in der Auslobung von "Themenwettbewerben" festgestellt. Der Beitrag zur Leistbarkeit des Wohnens wird zur Zeit tendenziell kritisch gesehen.
Verfahren, Organisation und Management Hinsichtlich des Themenbereiches "Verfahren, Organisation und Management" wurden ebenfalls diesbezügliche Fragestellungen untersucht. Überwiegend positive Entwicklungen sind hierbei im frühen Zusammenwirken der Projektanten, in der Teilnahme auch gewerblicher Bauträger, dem Bewähren des "3-Säulen-Modelles" und der interdisziplinären Zusammensetzung des Beurteilungsgremiums festzustellen. Hauptaugenmerk sollte zukünftig u.a. auf die Einhaltung der angebotenen Projektqualitäten und den verlorenen betriebs- bzw. volkswirtschaftlichen Aufwand gelegt werden.
Eine (quantitative) Untersuchung städtebaulicher bzw. architektonischer Qualitäten ergab, dass es seit Einführung der Wettbewerbe im Jahr 1995 u.a. zu einem stetigen Ansteigen der durchschnittlich angebotenen Wohnungsgrößen kam. Grundsätzlich wurde im Zuge der Bauträgerwettbewerbe auch ein breiter Mix verschiedener Wohnungstypen angeboten, die Flexibilität der Grundrisse wurde in den letzten Jahren forciert.
Ökonomische, ökologische und soziologische Qualitäten Die (quantitative) Analyse ökonomischer Qualitäten zeigte, dass die Entwicklung der Gesamtbaukosten pro Quadratmeter förderbarer Nutzfläche in den vergangenen Jahren einen leichten Anstieg erfahren hat. Ebenso ist dies bei den Nutzerkosten (Eigenmitteleinsatz bzw. laufende monatliche Belastung) zu beobachten.
Die (quantitative) Untersuchung ökologischer Qualitäten ergab seit Einführung der Bauträgerwettbewerbe ein verstärktes Angebot an innovativen Energiekonzepten und wohnökologischen Maßnahmen. Hinsichtlich der Ausgestaltung von Freiräumen und deren projektierten Kosten ist aufgrund der Variabilität der projektspezifischen Voraussetzungen eine breite Streuung zu beobachten.
Bezüglich der (quantitativen) Untersuchung soziologischer Qualitäten ist anzumerken, dass etwa Modelle zur Mietermitbestimmung, zum Quartiersmanagement bzw. zum Besiedlungsmanagement tendenziell nur vereinzelt angeboten wurden.
Abschließende Bewertung Eine abschließende und zusammenfassende Auswertung der Stärken und Schwächen bzw. der Herausforderungen für die Zukunft ergab, dass insbesondere
- wesentliche Stärken im Forcieren neuer Themen bzw. von Innovationen, im Diskurs / Konsens der Jury sowie in der Realisierung einer hohen Qualität in den drei Säulen "Architektur", "Ökonomie" und "Ökologie"
- wesentliche Schwächen in einer gewissen "Erstarrung" des Systems, im Entscheidungsfindungsprozess (welcher jedoch durchaus auch als Stärke gesehen wird) und im Aufwand der Projektanten, sowie
- wesentliche Herausforderungen für die Zukunft in der Reaktion auf gesellschaftliche Rahmenbedingungen, in der Leistbarkeit des Wohnens und in der Optimierung des Diskurses bei den am Verfahren Beteiligten
festzustellen sind.