Changing living conditions of the elderly in Vienna (German only)
Zusammenfassung
In den Jahren 1995 und 2003 wurden in Wien zwei, sehr ähnlich strukturierte Erhebungen durchgeführt. Sie bilden die empirische Grundlage für die vergleichende Studie über die Wohnsituation von Privathaushalten, in denen Senioren und Seniorinnen leben.
Terminologie und Struktur der Haushalte
Ein Seniorenhaushalt ist dadurch definiert, daß es mindestens eine 50- oder mehrjährige Person gibt. Im Jahr 2003 hatte Wien rund 419.700 solche Seniorenhaushalte, von denen die Hälfte nur aus einer Person bestand. Rund ein Drittel der Seniorenhaushalte sind 2-Personen-Haushalte.
Einkommenssituation
Insgesamt sind die Seniorenhaushalte nicht schlechter, sondern eher besser gestellt als der Gesamtdurchschnitt. Außer den Hochbetagten-Haushalten (80+ Jahre) sind die Durchschnittseinkommen der Seniorenhaushalte im untersten Quartil durchwegs besser als die Mittelwerte für alle Haushalte insgesamt und auch besser als jener für die Haushalte ohne Senioren, der mit 637 € um 5 % unter dem ersten Quartilsdurchschnitt liegt.
Ein weiterer Parameter, mit dem die Einkommenssituation der Haushalte beschrieben wird, ist die relative Einkommensarmut. Nach der von EUROSTAT derzeit verwendeten Definition ist die Armutsgrenze jener Einkommensbetrag, der unterhalb von 60 % des Medianeinkommens (Äquivalenzeinkommen) liegt. 17 % aller Haushalte liegen unterhalb dieser Armutsgrenze. Bei den gemischten Seniorenhaushalten ist das Armutsrisiko mit 14,3 % etwas niedriger; von den Hochbetagten-Haushalten unter den reinen Seniorenhaushalten ist jedoch schon rund jeder fünfte als einkommensarm zu bezeichnen. Diese einkommensarmen Hochbetagten-Haushalte entsprechen knapp 7 % aller armen Haushalte, bzw. knapp 14 % aller armen Seniorenhaushalte. Insgesamt verteilen sich die einkommensarmen Haushalte in Wien im Jahre 2003 je zur Hälfte auf Haushalte mit und ohne Senioren bzw. Seniorinnen.
Wie hat sich die Einkommenssituation der Seniorenhaushalte zwischen 1995 und 2003 geändert? Die untere Einkommenshälfte der Seniorenhaushalte (insgesamt) hat ihre Position im Gesamtgefüge gleich gehalten; die beiden oberen Viertel haben sich gegenüber den entsprechenden Durchschnittswerten aller Haushalte etwas verbessert (plus 3 bzw. 4 %punkte). Durchwegs verschlechtert hat sich die Stellung der gemischten Seniorenhaushalte; auch bei den Jungseniorenhaushalten (50-64 Jahre), insbesondere jenen des niedrigsten (-7 %punkte) und des obersten (-6 % punkte) Einkommensviertels hat sich die relative Position nachteilig entwickelt. Deutliche relative Verbesserungen sind bei den Hochbetagten-Haushalten feststellbar.
Armutsrisiko
Im Bereich der armutsgefährdeten Haushalte ist insgesamt eine Erhöhung des Anteils gegenüber 1995 zu konstatieren. Die damalige Armutsgrenze lag knapp über 600 €. Die relative Zunahme armutsgefährdeter Haushalte von 13 auf 17 % zeigt sich auch bei den meisten Seniorenhaushalten. Bei den gemischten Seniorenhaushalten fällt sie etwas höher aus (plus 8 %punkte), bei den Hochbetagten ist sie zwar leicht gesunken, bleibt aber dennoch auf dem höchsten Niveau: 22 % aller Hochbetagten-Haushalte sind nach wie vor armutsgefährdet; vor acht Jahren waren es 24 %.
Differenziert man die Seniorenhaushalte nach ihren Einkommensquellen, dann zeigt sich, daß die Armutsgefährdung dort besonders hoch ist, wo das Haushaltseinkommen vor allem aus Arbeitslosen- und/oder Karenzgeld besteht: Mehr als die Hälfte (56 %) solcher Senioren- und Seniorinnen-Haushalte, ist besonders armutsgefährdet. Jungsenioren- und Jungseniorinnen-Haushalte, die nur aus Pensionisten bzw. Pensionistinnen bestehen – vermutlich niedrige Frühpensionen -, weisen zwar eine geringere Armutsgefährdung (22 %) auf, sie sind
jedoch schlechter dran als die übrigen Nur-Pensionisten-Senioren-Haushalte.
Erwartungsgemäß findet man jene Haushaltseinkommen, die höchstens 60 % des Medianeinkommens aller Haushalte betragen, unter den Hochschulhaushalten am seltensten (6 %) und unter den Pflichtschulhaushalten am häufigsten (24 %). Diese Rangreihung zieht sich durch alle Typen der Seniorenhaushalte.
Verteilung im Stadtgebiet
Von 1995 bis 2003 nahm der Anteil der Seniorenhaushalte um 4 %punkte zu. Im Stadtgebietstyp "Zentren im Nordosten" ist jedoch eine Zunahme von 10 %punkten festzustellen. In den locker bebauten Stadtrandgebieten sank der Anteil der Seniorenhaushalte hingegen von 54 auf 45 %. Hauptverantwortlich für den Anstieg ist die Zunahme der Jungseniorenhaushalte in allen Stadtgebieten Wiens. Der kräftigste Schub (plus 11 %punkte) fand in den großen, neueren Wohnhausanlagen (1970er- und 80er Jahre) statt: Hier hat offenbar die Erstbezugsgeneration die Altersgrenze zum Jungseniorenstatus überschritten. Wohnungswechsel sind in Wien – im Vergleich zu anderen Großstädten – eher selten: Fast 40 % aller Wiener Haushalte wohnen über 20 Jahre in derselben Wohnung, von den Jungseniorenhaushalten sind es 60 %, unter den Betagten-Haushalten 78 % und unter den Hochbetagten-Haushalten schon 81 %. Diese 2003 erhobenen Werte unterscheiden sich nur unwesentlich von jenen aus dem Jahre 1995.
Wohnqualität
Grundsätzlich wohnen Seniorenhaushalte nicht so zahlreich in den kleinsten Wohnungen wie die Haushalte ohne Senioren. Für die Hochbetagten-Haushalte trifft dies jedoch nicht zu: Sie bewohnen – zu beiden Erhebungszeitpunkten – überdurchschnittlich häufig kleine Wohnungen (unter 45 m²). Dennoch haben Wiener Seniorinnen und Senioren mehr Wohnnutzfläche pro Person zur Verfügung (61 m² OECD-gewichtet) als die Menschen in seniorenlosen Haushalten (53 m²). Qualitative Verbesserungen zwischen 1995 und 2003 sind bei einigen Ausstattungsmerkmalen der Häuser festzustellen: Mehr als die Hälfte der Seniorenhaushalte wohnt 2003 in Häusern mit einem Aufzug (vorher 41 %), der Anteil der Seniorenhaushalte in Häusern mit Gemeinschaftsräumen stieg von 6 auf 13 %, jener mit begehbaren Grünflächen von 30 auf 47 %. Die Modernisierung im Bereich der Wohnungsheizungen brachte vor allem den Hochbetagten-Haushalten eine deutliche Verbesserung ihrer Wohnqualität.
Die über 50jährige Bevölkerung Wiens ist mit ihrer Wohnung im allgemeinen deutlich zufriedener als die jüngere Bevölkerung. Mit zunehmendem Alter ist sogar ein leichter Anstieg der Zufriedenheitswerte zu beobachten. Während sich zwischen den beiden Erhebungen die allgemeine Wohnzufriedenheit bei den Nicht-Senioren und Nicht-Seniorinnen massiv steigerte (von 2 Dritteln auf 3 Viertel der unter 50jährigen), blieb der Anteil der positiven Beurteilungen unter den Senioren und Seniorinnen insgesamt gleich (83 %). Auch bei anderen Aspekten (Preiswürdigkeit, Größe, Ruhelage, Lage der Wohnung in der Stadt, Anschluß an den öffentlichen Verkehr) sind keine Veränderungen der Zufriedenheitswerte unter den Senioren festzustellen. Die einzige Ausnahme ist die Zufriedenheit mit dem Ansehen des Wohnviertels: Hier stiegen die Negativurteile unter den Seniorinnen und Senioren von 9 auf 15 %.
Verbesserungswünsche, die das unmittelbare Wohnumfeld betreffen, werden mit zunehmendem Alter seltener: Von den unter 50jährigen wollen nur 15 % keine Verbesserung, bei den 50- bis 64jährigen ist es ein Viertel, bei den Betagten schon fast ein Drittel und unter den hochbetagten Seniorinnen und Senioren hält schon beinahe die Hälfte Verbesserungen für unnötig. Dieses Ergebnis ist jedoch mit einiger Vorsicht zu interpretieren: Eine gewisse Antwortmüdigkeit ist – insbesondere bei den höheren Altersgruppen – nicht von der Hand zu weisen, was sich durch eine deutliche Steigerung der Quote der Fehlantworten belegen läßt. Von der ganzen Liste der abgefragten Verbesserungsvorschläge sind für die ältere Bevölkerung jene von vorrangigem Interesse, die mit der Sicherheit im öffentlichen Raum zu tun haben.
Wohnqualität
Die Gesamtheit der Seniorenhaushalte liegt sowohl beim Wohnungsaufwand als auch bei der Wohnkostenbelastung immer unter den Durchschnittswerten für alle Haushalte. Die höchsten Werte haben die seniorenlosen Haushalte. Auch die Steigerungen des Wohnungsaufwands und der Kostenbelastung fallen bei den Haushalten ohne Senioren kräftiger aus. Ein durchschnittlicher Seniorenhaushalt hat im Jahre 2003 (1995) einen Wohnungsaufwand von 4 € pro m² (= plus 1 €) und eine durchschnittliche Wohnkostenbelastung seines Haushaltsbudgets von 20 % (= plus 4 %punkte). Unter den Seniorenhaushalten sind die gemischten Seniorenhaushalte mit Kind(ern) am stärksten von diesen Veränderungen betroffen: Für sie stiegen der Aufwand auf 134 % des Jahres 1995 und die Belastungsquote um fast 8 %punkte. Die Werte variieren jedoch insgesamt stark je nach der Rechtsform der Wohnungsnutzung.
Wohnungswechsel
Ab dem 65. Lebensjahr äußern Senioren und Seniorinnen praktisch keine Wegzugsabsichten von Wien. Umzugsabsichten – auch solche, die sich auf einen Wohnungswechsel innerhalb der Stadt beziehen - haben auch nur in gemischten Seniorenhaushalten etwa jene Bedeutung, die sie in seniorenlosen Haushalten haben. Von den reinen Seniorenhaushalten sagen 95 %, daß kein einziges Haushaltsmitglied einen Wechsel der Wohnung beabsichtigt, von den gemischten Seniorenhaushalten sind es nur 76 %. Bei den – insgesamt wenigen – Seniorenhaushalten, in denen der Wunsch geäußert wurde, in eine andere Wohnung zu ziehen, ist der Wohnungsbedarf eines Kindes der häufigste Grund. Daneben spielt auch die Kleinheit der Wohnung eine Rolle; daß die Wohnumgebung zu laut seit, ist unter den reinenSeniorenhaushalten das Hauptmotiv für einen (geplanten) Wohnungswechsel.
Sowohl hinsichtlich der Rechtsform als auch des Standortes der gewünschten zukünftigen Wohnung unterscheiden sich die Seniorenhaushalte nur wenig von den anderen Haushalten: Insbesondere die gemischten Seniorenhaushalte zeigen nahezu idente Präferenzen wie die seniorenlosen Haushalte: Fast ein Drittel will im Bezirk bleiben, ein Fünftel möchte an den Stadtrand ziehen.