Auswertung der Daten des Schimmelfragebogens der Stadt Wien

Die Beratung von BürgerInnen mit Schimmelproblemen ist ein wichtiges Aufgabenfeld der Magistratsabteilung 39. Zur Verbesserung der Kommunikation mit den BürgerInnen sowie zur Erfassung der Wiener Situation wurde eine Internet-Informationsplattform zu schimmelrelevanten Themen in Form eines einfachen Fragebogens („Schimmelfragebogen“) entwickelt. Mit diesem Instrument sollte das „persönliche Risikopotenzial“ von BewohnerInnen aufgrund ihres Nutzungsverhaltens und von Charakteristika der Wohnung ermittelt werden.

Der Fragebogen beinhaltet Fragen zur Wohnung im Allgemeinen, zum Verhalten der BewohnerInnen inklusive Heiz- und Lüftungsverhalten und zum Schimmelwachstum.
Zur weiteren Optimierung des Online-Fragebogens und zur Entwicklung zusätzlicher Präventionsstrategien wurden die erhobenen Daten umfassend ausgewertet. Dazu wurden die Antworten auf die insgesamt 34 Fragen des Schimmelfragebogens deskriptiv dargestellt sowie Zusammenhänge zwischen den Einflussfaktoren und Wohnungen, für die Schimmelwachstum angegeben wurde, analysiert. Insbesondere wurden jene Faktoren identifiziert, die Schimmelwachstum am besten vorhersagen können, sowie jene Einflüsse, die Schimmelbildung vermeiden können.

Der Online-Fragebogen wurde von mehr als 4.000 Personen ausgefüllt. Der Großteil der RespondentInnen (77%) wohnt seit mehr als zwei Jahre in ihrer Wohnung (38% länger als 10 Jahre). 42% der RespondentInnen leben in Haushalten mit zwei Personen, gefolgt von 22%, die in einem Singlehaushalt leben. Rund 17% leben in einem Haushalt mit mehr als 4 Personen. Etwas mehr als die Hälfte der RespondentInnen verfügt über eine Wohnfläche zwischen 40 und 80 m².

Bei 40% der RespondetInnen wurden laut deren Angaben die Fenster in den letzten Jahren getauscht. Eine thermische Sanierung wurde bei 25 % durchgeführt.

Die Mehrheit der Befragten gab an, dass die durchschnittlichen Temperaturen in Schlaf- (68%) und Wohnräumen (52%) im optimalen Bereich (18°C - 21°C) liegen. Im Winter wird zumeist ein- oder zweimal pro Tag gelüftet.

668 RespondentInnen gaben an, dass die Luftfeuchtigkeit in der Wohnung weniger als 55% beträgt, bei 709 Personen liegt die Luftfeuchtigkeit oberhalb von 55%.

In über 40 % der Wohnungen findet sich laut Angabe der RespondentInnen sichtbarer Schimmel. Am häufigsten war das Schlafzimmer betroffen, gefolgt von Wohnzimmer und Bad.

Mittels Regressionsanalyse wurden die Beziehungen zwischen jedem einzelnen Einflussfaktor und Schimmelwachstum in den Wohnungen untersucht, um Aussagen zur Eignung einzelner Faktoren als Prädiktoren für Schimmelwachstum zu treffen.

Es fand sich ein signifikant erhöhtes Schimmelrisiko (ausgedrückt in Odds Ratios, also der „Chance“ für Schimmel) u.a. für folgende Faktoren: Wohnung im Erdgeschoß oder Souterrain, Wohnung grenzt an unbeheizte Räume, keine thermische Sanierung, vor den Außenwänden große Möbelstücke, Wandverbauten etc., geringe Wohnungsgröße, höhere Zahl an Personen in der Wohnung, Vorhandensein von Haustieren, keine Stoßlüftung, keine zusätzlichen Lüftungsmöglichkeiten (wie Abluftventilatoren), höhere Luftfeuchtigkeit und kürzere Wohndauer.

In der multivariaten Analyse erwies sich eine Zahl von mindestens 4 Personen in der Wohnung als der beste Prädiktor für Schimmelwachstum. Als protektive Faktoren (bezüglich Schimmelwachstum) erwiesen sich vor allem eine kurze Wohndauer bzw. ein neu errichtetes Haus, Stoßlüften und eine thermische Sanierung.

In einem weiteren Untersuchungsschritt wurde der Wohnungstyp „Mietwohnung“ hinsichtlich Vorkommen von Schimmelwachstum in der (gesamten) Wohnung analysiert. Dabei zeigte sich, dass die drei wesentlichsten Risikofaktoren für die Entwicklung von Schimmel Crowding (hohe Belegung – die Variable „Crowding“ wurde wie folgt definiert: 2 und mehr Personen in einer Wohnung < 40 m² sowie 4 und mehr Personen in Wohnungen 40 bis 80 m²), Luftfeuchtigkeit > 55% und unbeheizte Nachbarräume (seitlich) waren. Die Analysen zeigten, dass vor allem eine Überbelegung ein erhöhtes Risiko für Schimmelbildung mit sich brachte - in der Größenordnung von etwa 130%.

Da bei der Erhebung die thermische Sanierung als protektiver Faktor hinsichtlich Schimmelbildung ausgewiesen wurde, wurde dieses Ergebnis detaillierter analysiert. Insgesamt gaben 25% der RespondentInnen an, dass eine solche Sanierung durchgeführt wurde. Auch unter Berücksichtigung von Crowding verringert thermische Sanierung das Risiko für Schimmelbildung um etwa 30%.

In den Berechnungen, die die Daten von Mietwohnungen betrachteten, zeigte die Dämmung nicht denselben protektiven Effekt wie die Reduktion der Belegungsdichte.

Betrachtet man die vorliegende Auswertung der Antworten der RespondentInnen des Schimmelfragebogens aus bautechnischer Sicht, so darf allgemein festgehalten werden, dass die Hauptaussagen deckungsgleich mit dem Wissen über bauphysikalische Ursachen zur Schimmelproblematik in Innenräumen sind. Dies betrifft insbesondere das festgestellte steigende Risiko bei hoher Luftfeuchtigkeit, bei „exponierter“ Lage der Wohnung mit vielen Flächen zu unbeheizten Bereichen oder nach außen und bei Möbelstücken an Außenwänden.

Als bautechnisch relevantestes Ergebnis des vorliegenden Forschungsprojektes ist die protektive Wirkung einer thermischen Sanierung der Gebäude zu bezeichnen. Dies zeigt, dass der bereits eingeschlagene Weg der Stadt Wien hinsichtlich Förderung der thermischen Wohnhaussanierung nicht nur energetischen Profit, sondern auch eine geringere Wahrscheinlichkeit der WohnungsnutzerInnenexposition durch Schimmel mit sich bringt und dieser Weg daher weiter zu verfolgen ist.
Fakten
  • Projektträger
    MA 39 - Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstelle der Stadt Wien
    und
    Ärztinnen und Ärzte für eine gesunde Umwelt (AeGU)
  • Projekt Team
    MA 39
    Dagmar Seidl
    Georg Pommer
    Christian Pöhn
    Dieter Werner

    AeGU
    Hans-Peter Hutter
    Janie Shelton
    Peter Wallner
  • Laufzeit
    2013
  • Kontakte
    MA 39 - Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstelleder Stadt Wien
    post[at]ma39.wien.gv.at

    Ärztinnen und Ärzte für eine gesunde Umwelt
    info[at]aegu.net
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