Ökologische Optimierung der Wärmedämmung von Gebäuden

Basierend auf den Richtlinien 2002/91/EG und 2010/31/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 und vom 19. Mai 2010 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, die hinsichtlich der verpflichtenden Einführung des Energieausweises für Gebäude und von Mindestanforderungen für den Neubau und für größere Renovierungen/umfassende Sanierungen in den OIB Richtlinien 6 „Energieeinsparung und Wärmeschutz“, Ausgabe April 2007 und Ausgabe Oktober 2011 umgesetzt wurden, und dem von Österreich an die EU zu übermittelnden „Nationalen Plan“ werden seit 2008 – in Fortsetzung der Entwicklung seit den ersten wärmeschutztechnischen Anforderungen an Gebäude nach der ersten Energiekrise in den 1970er-Jahren – immer höhere Anforderungen an die thermische Qualität der Gebäudehülle festgelegt. Die aufgrund der Energieeinsparung mögliche Einsparung von ökologischen Belastungen ist stark von der Art des eingesetzten Energieträgers zur Deckung des Heizwärme- bzw. Heizenergiebedarfs abhängig.

Im Rahmen dieses Forschungsprojekts wurde die Einsparung an ökologischen Belastungen durch die steigenden Anforderungen an die Wärmedämmung für die brennbaren Energieträger Erdgas, Heizöl EL und Holzpellets ermittelt und den erhöhten Belastungen durch die erforderliche höhere Dämmstoffdicke des Wärmedämmverbundsystems am Beispiel des Dämmstoffs EPS (expandiertes Polystyrol) gegenübergestellt.

Als Modellgebäude unterschiedlicher Kompaktheit wurden das Einfamilienhaus gemäß ÖNORM B 8110-6, Beiblatt 1, mit einer charakteristischen Länge lc von 1,33 m als ungünstigster Fall und ein Gebäude, dessen Abmessungen den Passivhäusern der Utendorfgasse, Wien 14, nachempfunden wurden, und das mit einer charakteristischen Länge lc von 2,73 m im Bereich der Untergrenze des Geschoßwohnbaus in Wien liegt, gewählt. Die Berechnung der Energiekennzahlen und der erforderlichen Dämmstoffdicken erfolgte für den jeweils maximal zulässigen Heizwärmebedarf für den Neubau von Wohngebäuden, definiert durch die Linien 26, 19, 16 (gemäß OIB-Richtlinien 6) sowie 14, 12 und 10 (gemäß dem Entwurf für den „Nationalen Plan“). Als Bezugsgröße wurde der Heizenergiebedarf pro m² Nettogrundfläche und Jahr herangezogen. Die beiden Gebäude wurden mit kontrollierter Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung und mit Fensterlüftung berechnet. In Übereinstimmung mit der delegierten Verordnung (EU) Nr. 244/2012 der Kommission vom 16. Januar 2012, die die Berechnung kostenoptimaler Niveaus von Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden regelt, wurde ein Betrachtungszeitraum von 30 Jahren gewählt. Um zu sehen, wie stark der Einfluss des Betrachtungszeitraums auf die Ergebnisse ist, wurden Vergleichsrechnungen mit einem Betrachtungszeitraum von 20 Jahren durchgeführt.

Die Ermittlung der ökologischen Indikatoren erfolgte auf Basis der Datenbank ecoinvent v2.2 unter Benutzung der Software GaBi 5.0 mit der Methode CML 2001, Version November 2010. Untersucht wurden folgende Indikatoren:

  • Primärenergiebedarf gesamt, Primärenergiebedarf nicht regenerierbar,
  • Abiotischer Ressourcenverbrauch – elementar,
  • Abiotischer Ressourcenverbrauch - fossile Brennstoffe,
  • Treibhauspotential
  • Versauerungspotential
  • Eutrophierungspotential,
  • Ozonabbaupotential und
  • Staubemissionen.

Das photochemische Oxidantienbildungspotential wurde ausgeklammert, weil die Berechnungsmethode über keine jahreszeitliche Gewichtung verfügt, und die Darstellung des Beitrags von Heizungsemissionen im Winter zum Sommersmogpotential nicht sinnvoll erscheint.

Für die betrachteten Indikatoren wurden die Beiträge des Dämmstoffs und die Beiträge für die Energiebereitstellung zur Deckung des Heizenergiebedarfs über dem Heizenergiebedarf aufgetragen. In Richtung höhere thermische Qualität der Gebäudehülle zeigt sich eine Abnahme des Beitrags des Energieaufwands, während aufgrund der höheren Dämmstoffdicke der Beitrag des Dämmstoffs zum jeweiligen Indikator ansteigt. Das ökologische Optimum für jeden Indikator wird durch das Minimum der Summenkurve der beiden Beiträge charakterisiert. Diese Summenkurven wurden für die drei Energieträger gegenübergestellt.

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts lassen sich in folgende 4 Punkte gliedern:

Kompaktheit
Einer der wichtigsten Punkte zur Energieeinsparung und somit auch der ökologischen Optimierung von Gebäuden im Neubau ist, in der Planungsphase Augenmerk auf eine möglichst kompakte Bauweise zu legen. Der Heizenergiebedarf eines Gebäudes ist umso geringer, je kleiner die wärmeabgebende Fläche der Gebäudehülle im Verhältnis zum beheizten (Brutto-)Volumen ist. Bei den berechneten Modellgebäuden betragen die Umweltbelastungen, die durch das Mehrfamilienhaus pro m² Nettogrundfläche und Jahr verursacht werden, im Mittel über die berechneten Linien maximal 72 % der Umweltbelastungen des Einfamilienhauses bei Fensterlüftung und maximal 74 % der Umweltbelastungen des Einfamilienhauses mit kontrollierter Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung.

Kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung
Durch den Einsatz einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung lässt sich die erforderliche Dämmstoffdicke, die zur Einhaltung eines maximal zulässigen Heizwärmebedarfs benötigt wird, deutlich reduzieren, dafür ist aber der Heizenergiebedarf um die zum Betreiben der Lüftungsanlage benötigte Hilfsenergie höher. Ein ökologischer Gewinn ist nur bei Linien sehr hoher Wärmedämmung, und nicht für alle Indikatoren gegeben, und er ist im Vergleich zu anderen Maßnahmen, wie der Kompaktheit oder der Wahl des Energieträgers gering.

Vergleich der Energieträger
Heizöl EL schneidet bei allen Indikatoren mit Ausnahme des Primärenergiebedarfs gesamt und der Feinstaubemission, bei denen die Pelletsheizung am schlechtesten liegt, am ungünstigsten ab und sollte aus ökologischer Sicht als Energieträger die letzte Möglichkeit darstellen.

Die Energieträger Erdgas und Holzpellets weisen je nach Indikator Vor- und Nachteile auf. Hinsichtlich des nicht regenerierbaren Anteils des Primärenergiebedarfs und damit auch des abiotischen Ressourcenverbrauchs fossiler Brennstoffe und des Ozonabbaupotentials schneidet die Pelletsheizung am besten ab; hin Ökologische sichtlich des Primärenergiebedarfs gesamt, des abiotischen Ressourcenverbrauchs elementar, des Versauerungspotentials, des Eutrophierungspotentials und der Staubemissionen schneidet Erdgas am besten ab. Die Emission von alveolengängigem Feinstaub ist bei der Pelletsheizung um eine Zehnerpotenz höher als bei der Gasheizung.

Das von Holz über Photosynthese aufgenommene und „gespeicherte“ Kohlendioxid wird bei der Verbrennung des Holzes wieder frei. Die von der Pelletsheizung emittierte Menge an Treibhausgasen liegt deutlich höher als die der beiden anderen Energieträger. Die Tatsachen, dass es sich bei Holz um einen regenerierbaren Energieträger handelt und es den Großteil des emittierten Kohlendioxids zuvor aus der Umgebung aufgenommen hat, sollten nicht zu einem verschwenderischen Umgang mit diesem Energieträger führen. Speziell im urbanen Raum, wenn bereits Feinstaubproblematik vorliegt, sind die Vor- und Nachteile des Einsatzes von Holz
als Energieträger sorgfältig abzuwägen.

Optimierung der Umweltbelastungen von Heizung und Dämmstoff
Für Ein- und Mehrfamilienhaus mit Fensterlüftung liegen die ökologischen Optima bei einem Betrachtungszeitraum von 30 Jahren für den Energieträger Erdgas bei den Linien 10 bis 12, für Heizöl EL bei Linie 10, und für Holzpellets bei den Linien 10 bis 14. Bei einem Betrachtungszeitraum von 20 Jahren verschieben sich die Optima für Erdgas beim Einfamilienhaus zu den Linien 10 bis 14, die für Heizöl EL und für Holzpellets bleiben bei den Linien 10 bzw. 10 bis 14. Beim Mehrfamilienhaus mit Fensterlüftung tritt bei der Reduktion des Betrachtungszeitraums auf 20 Jahre keine nennenswerte Verschiebung der Optima zu Linien niedrigerer Dämmung auf. Bei Ein- und Mehrfamilienhaus mit einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung liegen die ökologischen Optima für alle drei Energieträger bei Linie 10.

Die Optima für die Dämmstoffdicken der Wärmedämmverbundsysteme liegen bei den in diesem Forschungsprojekt modellierten Gebäuden bei einem Betrachtungszeitraum von 30 Jahren sowohl für das Einfamilienhaus als auch das Mehrfamilienhaus mit Fensterlüftung bei ca. 30 cm für die Ölheizung, im Bereich von 20 cm bis 30 cm bei der Beheizung mit Erdgas und im Bereich von 15 cm bis 30 cm für den Energieträger Holzpellets. Für das Einfamilienhaus mit kontrollierter Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung liegt die optimale Dämmstoffdicke bei ca. 15 cm, für das Mehrfamilienhaus mit kontrollierter Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung ist eine Dämmstoffdicke von ca. 10 cm ausreichend, um das ökologische Optimum, nämlich die Linie 10 zu erreichen.

Aus ökologischer Sicht ist daher eine gute Wärmedämmung wichtig. Die Ergebnisse stehen für die untersuchten Energieträger auch in recht guter Übereinstimmung mit den derzeit vorliegenden Ergebnissen der Studien zur Kostenoptimalität der Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden.
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